MUSIK


Zum Musizieren fand ich recht spät, im Alter von 23 Jahren, und auch nur zufällig.

Als großer Verehrer von Mr. Acker Bilk schwärmte ich ins geheim schon immer für die Klarinette, aber an die Anschaffung eines Musikinstrumentes war damals nicht zu denken, denn da gab es wichtigere Dinge (Berufslehre, Studium usw.).

Als ich damals durch die Berner Altstadt schlenderte, zog eine Klarinette im Schaufenster eines Musikladens meinen Blick wie magisch an. Daneben stand ein Schild 'Occasion Fr. 300.-'. Das war's - entweder du schaffst es, dann war es eine optimale Investition, oder du schaffst es nicht, dann hast du wenigstens nicht extrem viel Geld zum Fenster rausgeschmissen!

"Är zeuwt sis Gäuwt im Portmenee - es längt mer grad no, wi-n-i gseh!"

In der Studentenbude in der Brugger Altstadt, sehr zum Leidwesen der anderen Komilitonen, wurde nun in jeder freien Minute versucht Mr. Acker Bilk's Hits (Stranger on the shore/Summerset/Harem usw.) nachzuspielen. Von Noten hatte ich keine Ahnung, auch von Griff- oder Atemtechnik nicht, da waren einfach die Vorlagen auf dem Tonband und der eiserne Wille es so hinzubekommen wie das Vorbild, und irgendwie gelang es mir auch.

Nach einjähriger Klausur im stillen Kämmerlein ging alles Schlag auf Schlag. Anlässlich eines Fasnachtsanlasses im Pfauen zu Brugg, unserer Stammbeiz, da sich die Studentenbude im Nachbarhaus befand, konnte mich der Wirt Paul Zaugg dazu überreden, doch meine "Guugge" zu holen und beim dort engagierten Duo (Akkordeon und Kontrabass) etwas mitzuspielen. Unter den Gästen befand sich auch Adolf Müller, der damalige Dirigent der Arbeitermusik Brugg-Windisch, welcher mir eröffnete, ich müsse unbedingt in sein Musikkorps eintreten. Ich versicherte ihm, daß ich keine Noten lesen könne, aber das beeindruckte ihn nicht. Also willigte ich ein. Die Notenschrift lernte ich so nach und nach kennen. Gleichzeitig wurde gerade die Exciting Jazz Crew (Big Band) gegründet, wo mich Robert Haas hinschleppte, so daß ich auch noch ein Altosaxophon kaufte und spielen lernte.
Exciting Jazz Crew anlässlich eines Konzertes in der Aula der Ingenieurschule Brugg-Windisch 1973
Robert Haas, damals als Friseur in der Psychiatrischen Klinik Königsfelden angestellt, spielte bei der Arbeitermusik Kornett und bei der Exciting Jazz Crew Trompete, überredete mich nicht nur in die Big Band einzutreten, sondern es gelang ihm auch ein kleines Orchester zusammenzustellen, das jeden zweiten Samstagnachmittag zugunsten der Patienten zum Tanz aufspielte, wo ich auch mit von der Partie war. Da wir als Uniform uns einfach in weisse Kittel des Pflegepersonals hüllten, nannten wir uns auch die White Jackets.
White Jackets 1973, später machte auch noch Walter Buess (Akkordeon) mit - leider auf diesem Bild noch nicht drauf
Da erreichte mich ein Hilferuf von einem Duo (Akkordeon + Schlagzeug mit Gesang), welches dringend einen Bläser suchte. Das führte 1973 zur Gründung des Trio Sambja (Fritz Inderwildi, Walter Schafroth und ich), mit welchem wir fast 5 Jahre intensiv auftraten.

Die Arbeitermusik Brugg-Windisch, die White Jackets und die Exciting Jazz Crew mußte ich nach und nach aufgeben. In der Zwischenzeit schaffte ich mir auch noch ein Tenor- und ein Sopransaxophon an und ersetzte die alte Klarinette und das Altosaxophon ebenfalls durch neue Instrumente.

Ich lernte in diesem Zeitraum, als es mit dem Trio Sambja langsam zu Ende ging, Walter Greber kennen, einen Klarinettisten/Saxophonisten (Berufsmusiker) aus Luzern, der damals die Musikgesellschaft Schinznach-Dorf dirigierte. Er wollte am Jahreskonzert ein Solostück für Klarinette aufführen, wozu er mich engagierte. In der Folge blieb ich dort als einziger Holzbläser inmitten lauter Blechblasinstrumente hängen, und es hat mir Spaß gemacht, nach und nach weitere junge Holzbläser ins Korps integrieren zu helfen.
Musikgesellschaft Schinznach, 1977
1978 pochte das Schicksal erneut an meine Tür. Fritz Inderwildi lud mich ein, einem Eröffnungskonzert einer neu gegründeten Formation, den 'Lindebuebe', beizuwohnen. Da war Fritz Inderwildi auf dem Akkordeon, Paul Keller und Manfred Märki auf den Trompeten, sowie Othmar Vogel auf dem Tenorhorn, welche bekannte Oberkrainer Stücke von Slavko Avsenik zum besten gaben. Es kam wie es kommen mußte. Fritz zu mir: "Ich weiß schon, es fehlt halt einfach die Klarinette, hast Du das Instrument nicht dabei ?" Ich zu Fritz: "Zufällig ja!". Der Rest des Abends bestritt das Quintett und sofort hat sich der Lindewirt von Kleindöttingen, Kurt Hauser als Sponsor (daher auch der Name 'Lindebuebe') bereit erklärt ein weiteres Paar Lederhosen anzuschaffen.
Linde-Buebe Gründungsformation 1978
Die gedruckten Arrangements hatten bald als Vorlage ausgedient, da es jedem klar war, daß es halt auf den Platten von Slavko Avsenik irgendwie besser klang, als mit den kommerziellen Arrangements, welche man im Handel bekam. Also machten Manfred und ich uns daran, die Platten von Avsenik, Alpenland Quintett, Mölltalern, Benny Rehmann abzuhören und die Originalstimmen aufzuschreiben, so daß nach kurzer Zeit eine ansehnliche Sammlung von wohlklingenden Stücken entstand, die auch beim Publikum Anklang fand. Endlich fanden wir dann in der Person von Herbert Birsner auch einen Gitarristen, der uns zum echten Oberkrainerklang verhalf. 1983 verließ uns dann Othmar Vogel und an seine Stelle trat Norbert Zumsteg als Baritonist. Die administrative Leitung, die vorher auch bei Othmar lag, übernahm ich fortan selbst. Aus Zeitgründen hatte ich in der Zwischenzeit meine Aktivität bei der Musikgesellschaft Schinznach-Dorf auch aufgeben müssen. Manfred Märki hatte sich nebenbei zum Dirigenten für Blasorchester ausbilden lassen und übernahm als ersten Verein die Musikgesellschaft Riniken.
Hat er noch Töne ?
Für sein erstes Jahreskonzert war ich bereit ihm als Klarinettist zur Verfügung zu stehen, was mein kurzes Gastspiel dort erklärte. Da Kleindöttingen nicht so bekannt war, nannten wir uns jetzt 'Original Lindebuebe Brugg', und das nächste Ziel das wir anstrebten war eine Studionproduktion. 1984 war es dann soweit, das Geld war beisammen und wir reisten für ein Wochenende nach Pfäffikon/SZ ins 'New Sound Studio' und nahmen 12 Stücke auf, von denen wir über 1000 Cassetten verkauften.

Slowenischer Bauerntanz
Lustige Trompete
Besuch in Oberkrain
Im Walzertakt durch Südtirol
Jubiläumspolka
Guten Morgen
Erinnerung
Hirtenlied
Auf der Reise
Rosenbergwalzer
Dort wo unsere Heimat ist
Fünf Freunde


Ein Jahr später verließ uns dann Manfred Märki, so daß ein Quintett übrig bleib in der Originalbesetzung mit nur einer Trompete.
Linde-Buebe Formation 1988
Nach und nach wuchs unser Bekanntheitsgrad und es entstand sogar ein Fanclub. Das nächste Ziel hatten wir auch schon vor Augen - eine weitere Studioproduktion, erstmals mit Eigenkompositionen, welche zum 10 jährigen Jubiläum fertig sein sollte. Gesagt getan, nur diesmal im Studio Braun in Küsnacht/ZH. Diesmal gabs nebst Cassetten auch Langspielplatten und 2 Singleauszüge für die Musikboxen, insgesamt 14 Stücke, die Hälfte Eigenkompositionen.

Trompetenecho
wir jubilieren
silberne Wogen
Riesling x Sylvaner
Katinka
Jägermeister
im Druckli
der Lehrer in der Schule
Blütenzauber
beim Lindewirt
aus Herzenslust
auf zum Dorffest
Almfest Polka
Abendschatten


Die Jubiläumsfeier fand in der Turnhalle in Riniken statt, die aus allen Nähten platzte (die letzten fanden leider keinen Platz mehr), und ein voller Erfolg war. Die durchgeführte Plattentaufe mit dem Komponisten Jakob Bieri aus Gwatt, die Auftritte der Basle Caledonians aus Basel, den Kaiserberg-Musikanten aus Hohenstaufen bei Göppingen, den Steel Harmonites aus Basel, den Südtiroler Alpenkameraden aus Zurzach waren einige Höhepunkte des Festes.

Aber auch diese Formation hielt nicht ewig. 1991 war es leider aus. Ohne Musik gings aber nicht. So spielte ich von 1992-1994 bei den Staufberg Musikanten (Egerländerformation), mit denen ich 1993 eine Studioaufnahme machte. Dabei lernte ich auch den Produzenten René Wicky, der seinerseits Akkordeonist bei der Kapelle Jost Ribary ist, kennen.
Staufbergmusikanten 1993
Anschließend war ich von 1994-1997 bei der Berry's Big Band (vormals Max Helfenstein Orchester), wiederum durch Robert Haas animiert, der in der Zwischenzeit hier gelandet war. Gleichzeitig war ich Freimitglied bei der Musikgesellschaft Mägenwil und bei der Musikgesellschaft Neuenhof.
MusikgesellschaftNeuenhof, 1999
Wenn man das alles liest, ist kaum zu glauben, daß ich daneben noch Zeit hatte für eine Familie, aber dank der besten Ehefrau der Welt, wie Ephraim Kishon es immer auszudrücken beliebte, war das trotzdem möglich. Wahrscheinlich nicht ganz zufällig hat unser Sohn Stefan die Musik zum Beruf gemacht !?! Während seines Studiums gab er mir den Tip mir mal die Finale-Software anzusehen. Zusammen mit René Wicky besuchte ich einen Finale-Workshop in einem Luzerner Musikgeschäft und war begeistert. Ich kaufte Finale und fortan entstanden die Arrangements auf dem Computer.
Vater und Sohn anlässlich eines Konzertes mit der Berry's BigBand 1996


Wer rastet rostet ... nun Anfang 1999 habe ich dann eine neue Herausforderung angenommen: Die Bridge Pipers Jazz Band, eine seit längerer Zeit bestehende New Orleans Formation aus der Umgebung von Brugg, mußte sich nach einem neuen Klarinettisten umsehen, da der bisherige Musiker Christoph Lehnen sich beruflich für längere Zeit nach Afrika versetzen ließ. Die Band, in der mein Amateurfunk- und Bridge-Kamerad Willy Schmid das Banjo spielt, war mir des längeren bekannt, und hie und da hatte ich auch bei früheren Anlässen schon bei sogenannten Jam-Sessions mal mitgespielt. Er bat mich, es doch bei ihnen zu versuchen. Der Herausforderung, nach Tanzmusik, Oberkrainer, Egerländer und Big Band Swing es nun auch noch in New Orleans zu versuchen, war groß, machte aber andererseits riesigen Spaß und ich hoffte, daß es mir gelingen würde, zum Fortbestand der Band beitragen zu können. Leider gingen aber die Meinungen immer stark auseinander über das Thema 'New Orleans kontra Dixiland' oder wie weit darf man ein Stück arrangieren, damit es nicht an Spontanität verliert. Auf jeden Fall hatten wir ein paar schöne Auftritte unter anderem auch am Brugger Zapfenstreich 99, zusammen mit dem brillianten Pianisten Ueli May, der leider anlässlich der schlimmen Winterstürme am 26.12.99 tragisch ums Leben kam. Leider haben Alfred Zangger (Piano) und Magdalena Bütler (Bariton Sax, Sousaphon) die Gruppe verlassen, so daß man wieder Ersatzleute suchen und an einem Neuaufbau arbeiten mußte.


Das Jahr 2000 brachte dann eine neue Wendung, Schicksal oder Zufall, wie soll man es nennen ? Die Original Rheintal Musikanten, eine seit 13 Jahren bestehende Formation aus Bad Säckingen (Deutschland), war mir nicht ganz unbekannt, zumal deren Baritonist Berthold Waßmer kurz vor dem Zusammenbruch der Linde-Buebe mitversucht hatte, die Formation zu retten. Außerdem war da noch der Schlagzeuger Peter Inderwildi, der Bruder von Fritz, mit dem ich auch des öftern in den verschiedensten Formationen schon zusammen spielte. Diese Original Rheintal Musikanten (ORM) hatten kurz vor der Fastnacht 2000 ein großes Problem: ihrem Klarinettisten/Saxophonisten Alexander Rybkin, einem Berufsmusiker aus Weißrußland, wurde die Arbeitserlaubnis nicht verlängert, so daß er künftig nicht mehr mitspielen durfte. Schicksal oder Zufall, daß sich Berthold und Peter in dieser Situation an mich erinnert haben? Für mich auf jeden Fall eine Chance, wieder in meinem geliebten Tanzmusikfach einsteigen zu können, zumal die Situation bei den Bridge Pipers ohnehin nicht sehr optimistisch aussah! Nach einem kurzen Treffen und einer einzigen Probe gings voll ans Eingemachte: 6 Fastnachtsauftritte in 2 Wochen vor vollen Sälen und dazu die Zusicherung, als Vollmitglied in die Gruppe aufgenommen zu werden. Die übrigen musikalischen Tätigkeiten mußte ich natürlich alle aufgeben - aber ich denke es lohnte sich. Als Höhepunkte erlebte ich in der Folge Fanclub-Reisen nach Elmau (Tirol), Fernsehauftritt in SWR3 "Abendmelodie aus Bad Säckingen", 2 Radioauftritte bei SWR4 Rheinland-Pfalz, einer 14-tägigen Tournee nach Miami/Florida und konnte live mit Pete Tex und den ehemaligen Musikern des Alpenlandquintetts auftreten. Nach der Fasnacht 2003, bedingt durch meine Auswanderung nach Serbien, wird sich die Gruppe nach 16 jährigem Bestehen auflösen. Den Kontakt werde ich aber dadurch kaum verlieren und wer mich kennt, weiß, daß ich musikalisch auch in Zukunft irgend was tun werde.


Hier 5 Stücke der Original Rheintal Musikanten

ja nur Du allein
ja so ein Mädchen wie Du
ich seh dich lieber lachen als weinen
Musik bringt Stunden voller Glück
Gute Freunde


Weitere Aktivitäten in Serbien



Nun leben wir also in Serbien und es verging kaum ein Jahr nach unserer Ankunft, als eine serbische Fusion-Jazz-Gruppe von meiner Existenz erfuhr und mit mir Kontakt aufnahm. Sie nannten sich "Influence" und engagierten mich als Saxophonisten. Mit ihnen bestritt ich der Folge 15 Live-Auftritte und einen zweistündigen Live-Auftritt im Lokalfernsehen. Nebst Stücken von Herbie Hankock und Miles Davies kamen auch Standards wie "Harlem Nocturne", "Sommertime", "Mack the Knife", "Take Five" und "Mercy mercy" zur Aufführung.
Livesendung im Lokalfernsehen 2004
Dann durfte ich für das Theaterstück "Heimkehr" von Harold Pinter am hiesigen Theater die Zwischenszenen-Musik komponieren und live auf dem Saxophon darbieten (zu einem mit Finale hergestellten Begleit-Sample).



Nun ist das Stichwort Finale schon ein paar Mal gefallen, so dass ich nicht umhinkomme, etwas darüber zu sagen. Finale ist das vielseitigste und professionellste Computerprogramm um gedruckte Noten herzustellen. Wer das schon einmal von Hand versucht hat, weiss welche Arbeit dahinter steckt und wie ungern man später Änderungen anbringt. Aber das allein ist es nicht. Die Tatsache, die ganze Partitur in Originalinstrumentierung direkt erklingen zu lassen und zwar in der richtigen Reihenfolge mit Wiederholungen, Sprüngen und Überleitungen, in der vorgesehenen Laustärke (mit Crescendi und Decrescendi) und vorgesehenen auch wechselnden Tempi, macht die Grösse dieses Programmes aus. Ganz zu schweigen von der Wiedergabe von speziellen Sachen wie Glissandi oder Triller. Diese und weitere auf dem Musiksektor bekannte Software wird für den deutschsprachigen Raum vertrieben von der Firma

Klemm Music Technology
Sebastian-Kneipp-Str. 96
D-37217 Ziegenhagen
Tel: [0049] 5545 - 9509-0
Fax: [0049] 5545 - 9509-22


Nun wie gesagt, diese Software hatte es mir angetan und ich hatte in den letzten Jahren damit mehrere hundert Partituren erstellt. Um auf dem neuesten Stand zu sein, habe ich mir auch jedes Jahr den Upgrade bestellt bis 2003, dem Jahr unserer Auswanderung. Nun leben wir hier im Vorruhestand und bestreiten unseren Lebensunterhalt mit einer bescheidenen Übergangsrente mit der man in der Schweiz nicht einmal eine bescheidene Wohnung mieten könnte, aber bei hiesigen Verhältnissen man ganz gut leben kann. Grosse Sprünge kann man dabei nicht machen und so war denn auch klar, dass die Finale Version 2003 die letzte Version sein würde, die wir uns leisten konnten. Das hat auch die Firma Klemm festgestellt und mir dieses Jahr als alten und treuen Kunden ihrer Firma ein Sonderangebot gemacht meine mittlerweile 3 Jahre alte Version in einem Zug auf den neuesten Stand zu bringen. Ich habe daraufhin der Firma für das nette Angebot gedankt und ihnen in kurzen Zügen unsere Situation geschildert.

Ohne zu zögern hat mir die Firma Klemm die neueste Version Finale 2006 kostenlos zukommen lassen - das ist nicht selbstverständlich und verdient mehr als nur ein grosses Lob und Dankeschön.